Baurecht Serie Teil I: Facts zum Liegenschaftserwerb

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Rechtsanwalt Mag. Hannes Quester über die erste Phase eines Bauprozesses.

Bei der Vorbereitung von Rechtsgeschäften über Immobilien ist es unerlässlich, rechtlich relevante Daten wie z.B. wer grundbücherlicher Eigentümer ist, liegen Beschränkungen der Verfügungsberechtigung vor etc.  zu kennen. Dabei haben Verkäufer wie Käufer die zahlreichen gesetzlichen Regelungen zu berücksichtigen und bei der Vertragsgestaltung darauf zu achten, dass das Projekt plangemäß abgewickelt wird.

Ein Blick ins Grundbuch gibt Aufschluss darüber, wessen Miteigentumsanteile an der geplanten Transaktion überhaupt betroffen sind; die Zustimmung jedes einzelnen Miteigentümers ist erforderlich. Zu prüfen ist ferner, ob außerbücherliches Eigentum besteht, denn eine Liegenschaft kann auch bloß schuldrechtlich von einem Eigentümer an den nächsten übertragen werden. Auch kann das Eigentum an der Liegenschaft und das Eigentum an einem darauf befindlichen Gebäude auseinanderfallen, wenn nämlich aufgrund eines Baurechtes oder Bestandsvertrages auf der Liegenschaft ein Superädifikat errichtet wurde.
Besteht ein Vorkaufsrecht, muss der Vorkaufsverpflichtete dieses im Falle der beabsichtigten Veräußerung der Liegenschaft dem Vorkaufsberechtigten anbieten. Wird dem Berechtigten die Liegenschaft nicht zur Einlösung angeboten, wird der Verpflichtete schadenersatzpflichtig. Erstreckt sich das Vorkaufsrecht nur auf den Teil einer Liegenschaft und wird das gesamte Grundstück verkauft, ist der Vorkaufsfall grundsätzlich auf den belasteten Liegenschaftsteil und dessen verhältnismäßigen Anteil am Gesamtpreis beschränkt. Das dingliche, also das ins Grundbuch eingetragene Vorkaufsrecht begründet bei Nichtbeachtung ein direktes Abforderungsrecht des Berechtigten gegenüber dem Erwerber. Zwingende Schutzbestimmungen für die Erwerber von Eigentums- oder Nutzungsrechten an erst zu errichtenden Objekten sieht das Bauträgervertragsgesetz vor, insbesondere die Absicherung des Vorauszahlungsrisikos.

Grundverkehrsgesetze weisen länderweise zum Teil erhebliche Unterschiede auf und sehen meist ein Zustimmungserfordernis der Behörde bei der Übertragung des Eigentums an land- und fortwirtschaftlichen Grundstücken und beim Rechtserwerb durch Ausländer vor. Vielfach wird eine Genehmigungspflicht durch eine bloße Anzeigepflicht ersetzt.

Häufig werden Immobilienkaufverträge bedingt abgeschlossen, entweder aufschiebend bedingt, was bedeutet, dass die Rechtswirkungen erst nach Eintreten eines zum Vertragszeitpunkt noch ungewissen Umstandes beginnen, oder auflösend beginnt, wonach die Rechtswirkungen zwar sofort beginnen, nach Eintreten des ungewissen Umstandes aber wieder wegfallen. Gängige Bedingungen sind z.B. das Vorliegen einer Finanzierungszusage, die Vorlage einer Freilassungserklärung einer Bank zur Löschung von Hypotheken oder das Nichtbestehen eines Baugrundrisikos.

Baugrundrisiko, also die Gefahr von im Voraus nicht bekannten Kosten aus Gründen, die ihre Ursache in Grund und Boden haben, hat nach der Sphärentheorie derjenige zu tragen, der den Baugrund zur Verfügung stellt, also der Auftraggeber bzw Bauherr. Von Bedeutung sind sowohl die baurelevanten Eigenschaften des Baugrundes, wie geologische Verhältnisse oder Grundwasserstand, als auch Kontaminationen, die zu höheren Entsorgungskosten des Aushubes führen, oder etwa Kriegsrelikte. Manche ÖNORMEN sehen vor, dass der Auftraggeber die Bodenverhältnisse zu untersuchen hat. Anders kann es sich darstellen, wenn sich der Auftraggeber zu einer funktionalen Ausschreibung entschließt und somit der Spielraum des Auftragnehmers, auf welche Weise er die gewünschte Funktion erfüllt, größer wird. In solchen Fällen kann auch den Bauunternehmer die Verpflichtung zur Überprüfung der Eigenschaften des Baugrundes treffen. Demgemäß unterscheiden sich auch die Haftungsfolgen bei Eintritt des Baugrundrisikos.

Der Auftraggeber hat bereits bei der Leistungsbeschreibung zu bedenken, ob das Bauwerk überhaupt auf dem von ihm zur Verfügung gestellten Baugrund errichtet werden kann. Den Bauwerber treffen auch öffentlichrechtliche Pflichten gegenüber der Allgemeinheit, wie beispielsweise Auflagen zur Untersuchung der Boden- und Grundwasserverhältnisse im Rahmen von Baubewilligungs- oder Widmungsverfahren. Der Auftragnehmer hat aber alles, was der Auftraggeber für die Herstellung des Werkes zur Verfügung stellt, egal, ob es sich nun um Baustoffe, Statikpläne oder Gutachten handelt, auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen.

Bei Vereinbarungen eines Pauschalpreises verpflichtet sich der Unternehmer, eine mehr oder weniger genau umschriebene Leistung zu einem zuvor festgelegten, pauschalen Entgelt zu erbringen. Der Werklohn beim Pauschalpreisvertrag steht bereits bei Vertragsabschluss fest und ist laut OGH auch dann verbindlich, wenn die Kosten beträchtlich über- oder unterschritten werden. Insofern ist der Pauschalpreis für beide Vertragsparteien ein besonderes Wagnis. Der Pauschalpreis gilt jedoch in der Regel nur für die vertraglich vereinbarten Leistungen. Dem trägt auch die ÖNORM B 2110 Rechnung, wonach die Änderung einer Leistung, die Umstände der Leistungserbringung oder zusätzliche Leistungen zu einer Änderung des Pauschalpreises berechtigen. Beim Einheitspreisvertrag  wird hingegen der Werklohn des Unternehmers erst nach Fertigstellung des Werkers durch Abrechnung festgestellt.

Bei der Abwicklung des Kaufvertrages, also nach dem wirksamen Zusammenkommen bis zur grundbücherlichen Einverleibung des Eigentumsrechts des Erwerbers, besteht das Bedürfnis des Erwerbers nach Absicherung seiner Rechtsposition. Ein gängiges Instrument ist die sogenannte Anmerkung der Rangordnung, die bezeugt, dass bis zur Erfüllung der vertraglichen Vereinbarungen keine Änderungen im Grundbuchstand stattfinden. Die Anmerkung der Rangordnung gibt ein Anwartschaftsrecht auf einen bestimmten Rang. Sie ist ein Jahr gültig und bewirkt entsprechend den geltenden Prioritätsgrundsatz, dass die Eintragung des Eigentumsrechtes auf den Zeitpunkt rückbezogen wird, an dem der Rangordnungsbeschluss ausgestellt  wurde.

Mag. Hannes Quester

kanzlei@quester.co.at

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