Gravierende Bedenken gegen das Flugabgabegesetz

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Dr. Franz Althuber

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 wurde das Flugabgabegesetz eingeführt. Gegenstand der Flugabgabe ist der Abflug eines Passagiers von einem österreichischen Flughafen, welcher einer pauschalen Abgabe unterliegt.

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 wurde das Flugabgabegesetz („FlugAbgG“) eingeführt. Steuergegenstand der Flugabgabe ist der Abflug eines Passagiers von einem österreichischen Flughafen, welcher – gestaffelt nach Kurz-, Mittel- oder Langstrecke – einer pauschalen Abgabe unterliegt. Neben den negativen wirtschaftlichen Auswirkungen einer solchen Abgabe auf die Luftfahrtindustrie, ist das Flugabgabegesetz auch aus rechtlicher Sicht problematisch.

Allgemeines zur Flugabgabe. Der Flugabgabe unterliegt grundsätzlich der Abflug eines Passagiers von einem inländischen Flughafen mit einem motorisierten Luftfahrzeug. Die Höhe der Abgabe bemisst sich nach der Lage des Zielflugplatzes (Flugstrecke) bzw bei Auslandsflügen nach der Entfernung des größten Flughafens des jeweiligen Landes zum Flughafen Wien Schwechat. Flüge in Staaten und Gebiete deren größter Flughafen sich innerhalb einer Entfernung von 2.500 km zum Flughafen Wien-Schwechat befindet, gelten als Kurzstrecke und werden mit einer Pauschalabgabe von EUR 8 pro Passagier belastet. Beträgt die Entfernung zwischen dem jeweiligen größte Flughafen des Landes und dem Flughafen Wien-Schwechat mehr als 2.500 km, liegt ein pauschal mit EUR 20 pro Passagier zu besteuernder Mittelstreckenflug vor. Ab einer Entfernung von 6.000 km handelt es sich um einen Langstreckenflug, der mit EUR 35 pro Passagier besteuert wird.

Daneben bestehen Steuerbefreiungen unter anderem für die Flugbesatzung, für Kinder unter 2 Jahren und bei Flügen zu Ausbildungszwecken, militärischen, medizinischen und humanitären Zwecken. Abgabenschuldner ist der Luftfahrzeughalter, der den Abflug durchführt. Der Flugplatzhalter des inländischen Flughafens, von dem aus der Abflug erfolgt, haftet für die Abgabe.

Bereits die Rechtfertigung der Flugabgabe mit dem „wesentlichen Anteil an der Emission klimaschädlicher Stoffe“ erscheint jedoch problematisch, weil Frachttransporte keiner Flugabgabe unterliegen. Klimaschädlich ist somit offensichtlich nur der Transport von Menschen, nicht jedoch von Gütern

Verfassungsrechtliche Bedenken.
Da für die Berechnung der Abgabenhöhe nicht auf die tatsächliche Entfernung zwischen Abflug- und Zielort, sondern auf den größten Flughafen des jeweiligen Landes (und dessen Entfernung nach Wien-Schwechat) abgestellt wird, sind verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlungen vorprogrammiert. Besonders deutlich wird dies bei Flügen nach Russland. Diese sind nach der Diktion des FlugabgG allesamt Kurzstreckenflüge, weil sich Moskau (mit dem größten Flughafen) etwa 1.670 km von Wien-Schwechat entfernt befindet. Flüge nach Ekaterinburg (3.080 km) oder Novosibirsk (4.480 km) sollten eigentlich Mittelstreckenflüge sein. Dennoch werden sie aufgrund der Typisierung im Zuge des Abstellens auf den größten Flughafen des jeweiligen Landes stets als Kurzstreckenflüge (mit EUR 8 pro Passagier) besteuert. Ein Flug in das russische Magadan (7.350 km) oder gar nach Wladiwostok (8.080 km) sollten Langstreckenflüge sein, zählen aber ebenfalls zu den Kurzstreckenflügen, sodass die Flugabgabe auch hier lediglich EUR 8 beträgt. Ein Flug nach New York (6.800 km) löst dagegen EUR 35 Flugabgabe aus.

Rabat, die Hauptstadt von Marokko, liegt beispielsweise innerhalb der Kurzstreckengrenze (2.485 km). Da sich allerdings der größte Flughafen des Landes in Casablanca außerhalb der 2.500 km Grenze befindet, handelt es sich bei Flügen nach Marokko stets um Mittelstreckenflüge. Die Flugabgabe beträgt daher stets EUR 20.

Auch innerhalb der gleichen Tarifklasse ist eine undifferenzierte Betrachtung verfassungsrechtlich kaum zu rechtfertigen. Ausweislich der Gesetzesmaterialien zum FlugAbgG soll durch die Staffelung der Flugabgabe bzw die Unterteilung in Kurz-, Mittel- oder Langstreckenflüge „der Schadstoffausstoß je nach Länge der Flugstrecke“ besteuert werden. Dies ist in Wahrheit aber nicht der Fall, da die Höhe der Flugabgabe bei einem Flug von Wien nach Wladiwostok (8.080 km) beispielsweise identisch ist mit der Abgabenbelastung bei einem Flug von Wien nach Budapest (etwa 200 km). Daher werden kurze Flüge gegenüber längeren Flügen innerhalb eines Streckentarifes stärker belastet.

Der Gesetzgeber behandelt hier ungleiche Sachverhalte gleich. Dies ist verfassungsrechtlich ebenso bedenklich wie die ungleiche steuerliche Behandlung von gleichen Sachverhalten

Möglicher Verstoß gegen europarechtliche Bestimmungen

Zwar sieht das FlugAbgG ausdrücklich vor, dass der Steuergegenstand der Abgabe der „Abflug im Inland“ ist. Tatsächlich stellt das Gesetz jedoch – jedenfalls hinsichtlich der Höhe der Flugabgabe – auf die Länge der Flugstrecke ab. Dies war auch die Intention des Gesetzgebers, der die durch Flugzeuge entstehende Umweltbelastung besteuern wollte. Die Flugabgabe besteuert somit den Schadstoffausstoß und den Kerosinverbrauch, es handelt sich daher um eine Verbrauchsteuer (oder zumindest um eine verbrauchsorientierte Abgabe).

Europarechtlich ist dies problematisch. So untersagt die Richtlinie 2003/96/EG explizit alle „verbrauchsorientierten Energiesteuern“ im gewerblichen Flugverkehr. In einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in einem ähnlich gelagerten Fall – konkret ging es um das schwedische Gesetz über die Umweltsteuer auf den Inlandsflugverkehr (om miljöskatt paa inrikes flygtrafik) – wurde auch bereits entschieden, dass Abgaben, die vordergründig auf den Schadstoffausstoß abstellen (der wiederum untrennbar mit dem jeweiligen Kerosinverbrauch und damit mit der Flugstrecke verbunden ist) gemeinschaftsrechtlich unzulässig sind.

Massive wirtschaftliche Belastung für die Luftverkehrsindustrie

Wenngleich konkrete Angaben zu den finanziellen Auswirkungen der Flugabgabe auf die einzelnen Luftverkehrsunternehmen – soweit ersichtlich – nicht existieren, so ist doch augenscheinlich, dass die Flugabgabe die Luftfahrtindustrie massiv belastet und zu einem Wettbewerbsnachteil gegenüber ausländischen Mitbewerbern führt. Neben den verfassungs- und europarechtlichen Unzulänglichkeiten der Abgabe sollte das österreichische Bundesministerium für Finanzen daher auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Abgabe beachten. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten erscheint die zusätzliche Belastung entbehrlich..

Dr. Franz Althuber
Dr. Daniel Varro
www.dlapiper.com/austria

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