Intellectual property: "Merchandising Reloaded"

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Mit einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung stärkt der Oberste Gerichtshof (OGH) der Merchandising-Branche den Rücken, diese ist damit für künftige Projekte besser gegen „Free Rider“ abgesichert. Rechtsanwalt Martin Reinisch dazu im Interview.

Markenrechtsklage
Dieser Entscheidung zugrunde liegt eine Markenrechtsklage der Spanischen Hofreitschule – Bundesgestüt Piber, einer Gesellschaft öffentlichen Rechts, die seit 1987 die Wortmarke „Spanische Reitschule“ für kunstgewerbliche Gegenstände aus Glas, Porzellan und Steingut innehat. Als zusätzliche Einkunftsquelle vertreibt diese auch Souvenirartikel, womit sie erhebliche Umsätze erzielt. Der beklagte Betreiber eines Souvenirgeschäftes verkaufte Souvenirteller, die einen berittenen Lipizzaner bei der Levade (auf den Hinterbeinen stehend, mit an den Leib angezogenen Vorderbeinen) und darunter die Textzeilen „Wien“ und „Spanische Reitschule“ zeigten. Im Gerichtsverfahren verteidigte sich der Souvenirhändler mit dem Argument, gleichartige Souvenirteller würden schon jahrzehntelang – auch bereits vor der Markenanmeldung durch die Spanische Hofreitschule – unbeanstandet produziert und verkauft werden. Die Markeneintragung sei unzulässig gewesen, weil die Marke in Bezug auf Souvenirartikel nicht als Hinweis auf ein Unternehmen verstanden werde; unter dem Begriff „Spanische Reitschule“ würde vielmehr eine Art der Pferdedressur verstanden, weshalb dieser nicht durch eine Markenregistrierung monopolisiert werden dürfe (als sogenanntes „Freizeichen“ mit einem „absoluten Freihaltebedürfnis“).

Vorgängerentscheidung 1995
Mit dieser Argumentation war der Souvenirhändler allerdings nicht erfolgreich, obwohl der OGH 1995 in einem fast gleich gelagerten Fall anders entschieden hatte: Damals ging es um die Frage, ob durch den Vertrieb eines Porzellanpferdes in Levade-Position, das ebenfalls mit „Spanische Reitschule“ und „Wien“ beschriftet war, eine Verletzung der Wortmarke „Spanische Reitschule“ vorlag. Der OGH war seinerzeit zu dem Schluss gekommen, dass jeder unbefangene Betrachter des Porzellanpferdes die Aufschrift nicht als Hinweis für die Herkunft des Porzellanpferdes (aus dem Betrieb der Spanischen Hofreitschule oder einem mit ihr in Verbindung stehenden Unternehmen), sondern bloß als Hinweis darauf verstehen wird, dass ein Pferd aus der Spanischen Reitschule in Levade-Position dargestellt wird. Da der OGH somit keinen „kennzeichenmäßigen Gebrauch“ (Text als Herkunftshinweis) sah, verneinte er damals auch eine Markenverletzung.

Judikaturwende
Mit der aktuellen Entscheidung revidiert der OGH allerdings die obgenannte Auffassung aus 1995. Er begründet dies damit, dass sich die damalige Einschätzung der maßgeblichen Verkehrsauffassung „im Hinblick auf die zwischenzeitige wirtschaftliche Entwicklung“ nicht aufrecht erhalten lässt. Es sei allgemein bekannt – so der OGH –, dass ausgelagerte und damit wirtschaftlich selbständige Institutionen der öffentlichen Hand wie Museen oder auch eben die Spanische Hofreitschule sich bemühen (müssen), durch den Verkauf verschiedener Waren und Dienstleistungen, die mit der bekannten Marke der Institution gekennzeichnet sind, dh durch Merchandising, zusätzliche Einnahmen zu erzielen. Der OGH ist auf dieser Basis zur Auffassung gelangt, dass die auf dem Souvenirteller angebrachten Worte „Spanische Reitschule“ vom Durchschnittsverbraucher von Souvenirtellern als unterscheidungskräftiger Hinweis auf die Herkunft des Souvenirtellers angesehen werden.

Redaktion: Warum hat der OGH in diesem Urteil anders entschieden als 1995?
Reinisch: Die aufgrund „zwischenzeitiger wirtschaftlicher Entwicklung“ geänderte Verkehrsauffassung kann die Judikaturwende wohl nur zum Teil erklären. Eine Rolle spielt hier mE, dass – obwohl Marken in Österreich seit 1977 frei übertragbar sind (dh unabhängig von einem Eigentumswechsel am Unternehmen) – noch bis 1999 nur derjenige Markeninhaber werden konnte, aus dessen Unternehmen diejenigen Waren oder Leistungen hervorgehen können, für die die Marke bestimmt ist. Bei dieser Rechtslage war Merchandising nur sehr eingeschränkt möglich. Vor der freien Übertragbarkeit der Marke wies diese auf ein bestimmtes Unternehmen hin, hingegen seit 1999 bloß auf die damit gekennzeichneten Waren/Dienstleistungen des jeweiligen Markeninhabers. Zwischen den beiden Entscheidungen gab es einen Wandel bei der Herkunftsfunktion und in den Voraussetzungen für einen markenmäßigen Gebrauch. Die Entscheidung 1995 wäre wohl anders ausgefallen, wäre nicht damals noch das hervorgehen Können aus dem Unternehmen des Markeninhabers Voraussetzung gewesen.

Redaktion: Wann kann ein Markeninhaber die Verwendung seiner Marke untersagen?
Reinisch: Die unbefugte Benutzung seiner Marke kann ein Markeninhaber dann untersagen, wenn dadurch die Funktionen der Marke beeinträchtigt werden. Als Hauptfunktion der Marke ist im Markenrecht seit jeher die sogenannte „Herkunftsfunktion“ anerkannt, dh die VerkehrRedaktionskreise können aufgrund der Marke davon ausgehen, daß das mit der Marke gekennzeichnete Produkt vom Markeninhaber stammt (der in der Regel über einen längeren Zeitraum hindurch gleich bleibt, weshalb die Marke meist auch für die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Unternehmen steht). Aufgrund der Herkunftsfunktion sollen die Waren und Dienstleistungen des Markeninhabers von gleichen und gleichartigen Waren und Dienstleistungen anderer unterschieden werden. Die Marke soll sozusagen als Orientierungshilfe in einem sonst vielfach unübersichtlichen „Dschungel“ von Angeboten dienen. Dem Verbraucher muss dabei die tatsächliche Herkunft der Waren und Dienstleistungen nicht genau bekannt sein. Es reicht vielmehr aus, dass der Verbraucher eine bestimmte Vorstellung der Herkunftsquelle hat.
Daneben ist von den europäischen Gerichten in den letzten Jahren zunehmend auch die Beeinträchtigung von weiteren Markenfunktionen als Markenverletzung anerkannt worden, insbesondere die Garantie-/Qualitätsfunktion und die Werbefunktion. Die Qualitätsfunktion hat dann eigenständige Bedeutung, wenn eine Marke die Qualität einer Ware kennzeichnet, ohne zugleich auf ihre spezifische Herkunft hinzuweisen. Dies ist vor allem bei Verbandsmarken wie zB den Gütezeichnn der quality austria der Fall. Hingegen wird die Werbefunktion der Marke idR dann berührt, wenn die Möglichkeit des Markeninhabers beeinträchtigt wird, die Marke zur Verkaufsförderung einzusetzen.

Redaktion: Was ändert sich aufgrund der aktuellen Entscheidung des OGH?
Reinisch: Unternehmen werden bei der kommerziellen Verwertung ihrer Marken nun besser vor „Free Ridern“ geschützt. Wenn der OGH Merchandising selbst bei staatsnahen Unternehmen als bekannte Praxis anerkennt, dann ist eigentlich kein Wirtschaftsbereich mehr denkbar, wo die Verkehrskreise dies nicht erwarten. Und durch diese erweiterte Verkehrsauffassung genießen die auf Merchandising-Artikeln angebrachten Zeichen auch Schutz und machen sich die Investments der Markeninhaber für diese bezahlt.
Redaktion: Danke für das Interview.

Mag. Martin Reinisch ist Rechtsanwalt und Partner bei Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH
www.bkp.at

Redaktion / © Foto:  Walter J. Sieberer

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