Die anwaltliche Tätigkeit der letzten Jahre wird vermehrt geprägt durch Beratungsbedarf für in Schwierigkeiten geratene Unternehmen. Mögliche Sanierungsschritte, Restrukturierungen und andere Maßnahmen und deren Konsequenzen sind überlegt abzuwägen.
Anwälte für die Wirtschaft zeigen wie es gehen kann. Wir besuchten besuchte Rechtsanwalt Dr. Andreas Jank in seiner neu eröffneten Kanzlei in der Wiener Innenstadt. JankWeiler Rechtsanwälte beraten unter anderem im Sanierungs- und Restrukturierungsrecht. Ziel eines Sanierungskonzepts sollte es sein, ein Unternehmen ohne Einbußen für dessen Gläubiger zu konsolidieren und die Nachhaltigkeit der Sanierung für die Gläubiger darzustellen. Dabei ist grundsätzlich für alle Beteiligten, mit Ausnahme von anfechtungsfest besicherten Gläubigern, eine Sanierung ohne gerichtliches Insolvenzverfahren vorzuziehen, solange keine materielle Insolvenz vorliegt.
Red.: Welche Möglichkeiten der außergerichtlichen Unternehmenssanierungen gibt es?
JANK: Bei der außergerichtlichen Unternehmenssanierung wird zwischen Maßnahmen unterschieden, die der Mitwirkung und Zustimmung Dritter, insbesondere bestehender Gläubiger, bedürfen und solchen, die von deren Mitwirkung weitgehend unabhängig sind.
Keine Gläubigermitwirkung ist im Regelfall für Eigenkapital erhöhende Maßnahmen und Vermögensumschichtungen erforderlich. Letztere sind aber für viele Sanierungsfälle gerade nicht mehr möglich oder ausreichend.
Außerhalb eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens besteht weiters die Möglichkeit eines außergerichtlichen Ausgleichs, der gesetzlich nicht geregelt ist. Nach der Rechtsprechung handelt es sich um eine Vielzahl voneinander unabhängiger wirtschaftlich aufeinander abgestimmter paralleler Verträge, für die grundsätzlich die Zustimmung sämtlicher Gläubiger erforderlich ist. Das von der Rechtsprechung geforderte Einstimmigkeitsprinzip bedeutet, dass alle Gläubiger, deren Forderungen nicht voll befriedigt werden, dem Ausgleich zustimmen müssen, was häufig zu einem Scheitern der Ausgleichsbemühungen führt.
Red.: Gilt beim Ausgleich auch das Gläubigergleichbehandlungsgebot?
JANK: Da in der Praxis eine rigorose Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes die Durchführung eines außergerichtlichen Ausgleichs unmöglich machen würde, werden Abweichungen unter der Bedingung als zulässig angesehen, dass alle Gläubiger über die Abweichungen informiert sind und insbesondere die benachteiligten Gläubiger, diesen auch zugestimmt haben. Ein Verstoß gegen die Gleichbehandlung kann die zivilrechtliche Nichtigkeit des Ausgleichs zur Folge haben. Für die handelnden Geschäftsführer können sich zudem haftungs- und strafrechtliche Konsequenzen ergeben, wenn das Unternehmen bereits insolvent war.
Red.: Welche Frist gilt und was muss man rechtzeitig veranlassen bzw. aktiv tun?
JANK: Sofern der außergerichtliche Ausgleichsversuch nicht von vornherein als aussichtslos beurteilt wird, ist sein Abschluss auch noch während der 60-Tages-Frist des § 69 IO (Antrag des Schuldners nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit) zulässig, innerhalb derer die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bei Vorliegen eines Insolvenztatbestandes beantragt werden muss. Der außergerichtliche Ausgleich wird regelmäßig durch eine Kontaktaufnahme mit allen Gläubigern eingeleitet. Dabei sollte den Gläubigern eine Darstellung der wirtschaftlichen Lage, ein Überblick über die Verbindlichkeiten, die Darstellung der Vermögenssituation und ein konkretes Anbot unterbreitet werden. Diese Informationen bilden nicht nur eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für die Gläubiger, sondern auch einen Bestandteil der zu treffenden Vereinbarung. Unrichtige Angaben könnten die Gläubiger zur Anfechtung des Ausgleichs berechtigen. Die Vorteile des außergerichtlichen Ausgleichs liegen in der formlosen Abwicklung, der Flexibilität mangels gesetzlicher Vorgaben, der Diskretion (weniger negative Publizität), der im Vergleich zu einem gerichtlichen Verfahren geringeren Kosten und darin, dass die betroffenen Gesellschaften als solche bestehen bleiben und das Unternehmen weiter führen können, sodass keine Vermögensübertragungen erforderlich sind – wie beispielsweise bei einer Verwertung im Konkurs.
Red.: Welche Nachteile entstehen beim Ausgleich?
JANK: Die Nachteile zu einem Insolvenzverfahren bestehen darin, dass der außergerichtliche Ausgleich für das betroffene Unternehmen keine Möglichkeit vorsieht, bestehende Dauerschuldverhältnisse aufzulösen. Weiters gibt es auch keine Prozess- und Exekutionssperre, sodass während des außergerichtlichen Ausgleichs und danach weiter Exekution geführt werden kann. Der Nachteil und die Schwierigkeit des außergerichtlichen Ausgleichs bestehen darüber hinaus im Einstimmigkeitserfordernis der Gläubiger. Vor dem Hintergrund einer möglichen persönlichen Haftung ist für Unternehmer (Geschäftsführer) die 60-Tages-Frist für die Insolvenzeröffnung nach Eintritt der materiellen Insolvenz zu beachten. Es muss daher stets kurzfristig abgestimmt werden, ob die Zustimmung sämtlicher Gläubiger zu einem außergerichtlichen Ausgleich erzielt werden kann.
Red.: Welche Möglichkeiten gibt es noch?
JANK: Auch Stundungen, Rangrücktritte und Forderungsverzichte mit Besserungsvereinbarungen sind dazu geeignet, eine insolvenzrechtlich relevante Überschuldung außerhalb eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens zu beseitigen oder zu verhindern und/oder die Liquidität des Unternehmens zu stärken. Für einen Rangrücktritt ist dessen Formulierung wesentlich (vgl dazu § 67 Abs 3 IO). Nicht erforderlich ist, dass ein Gläubiger für alle seine Forderungen gegenüber dem Unternehmen Rangrücktrittserklärungen in vollem Umfang abgibt, der Rücktritt kann auch auf einzelne Forderungen oder Teile von Forderungen beschränkt werden. Im Rahmen von Rangrücktritten ist die Frage des Ranges der Befriedigungsansprüche von zurücktretenden Gläubiger (untereinander) ebenso zu klären wie das Verhältnis zu möglichen Ansprüchen von Gesellschaftern, wobei üblicherweise die Forderungen der rangrücktretenden Gläubiger vor den Forderungen der Gesellschafter zu befriedigen sind.
Ein Verzicht mit Besserungsvereinbarung sieht im Regelfall einen vorläufigen Schuldnachlass zur Sanierung des Unternehmens mit einem Schuldversprechen für den Fall des Eintritts der „Besserung“ der Unternehmenssituation vor. Was als Besserungsfall angesehen wird, kann von den Vertragsparteien frei vereinbart werden. Im Regelfall werden hiezu betriebswirtschaftliche Parameter, wie eine definierte Gewinngröße, ein bestimmter Cashflow oder andere Kennzahlen des Jahresabschlusses, herangezogen.
Stundungen, Rangrücktrittsvereinbarungen oder Besserungsvereinbarungen mit einzelnen Gläubigern haben im Vergleich zum außergerichtlichen Ausgleich für die betroffenen Gläubiger den Vorteil, dass nach erfolgter Sanierung des Unternehmens die betroffenen Gläubiger, je nach Vereinbarung, mit einer höheren oder gar vollständigen Befriedigung ihrer Forderung rechnen können.
Red.: Wie geht man nun beim Insolvenzverfahren vor?
JANK: Liegen die Insolvenztatbestände der Insolvenzordnung vor, ist gemäß § 69 IO zwingend die Eröffnung eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens zu beantragen. Die weitere Vorgangsweise ist unterschiedlich, je nach dem ob einem Sanierungsverfahren zugestimmt wird, oder die Verwertung des Vermögens im Rahmen eines Konkursverfahrens erfolgt. Das gerichtliche Insolvenzverfahren hat im Vergleich zum außergerichtlichen Ausgleich den Vorteil der geringeren Zustimmungserfordernisse auf Gläubigerseite. Weiters besteht die Möglichkeit des Erwerbs „guter“ Unternehmensteile ohne Haftungsübernahmen aus der Insolvenz. Dem gegenüber stehen jedenfalls höhere Kosten und die mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens noch immer verbundene negative Publizität sowie (im Regelfall) die Einbuße der eigenständigen Entscheidungshoheit des Unternehmers.
Für die Entscheidung über die erfolgversprechendste Art der Sanierung bedarf es stets auch entsprechender betriebswirtschaftlicher und rechtlich-organisatorischer Beratungs- und Begleitmaßnahmen.
Red.: Danke für das Interview!
Dr. Andreas Jank
www.jankweiler.at
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