M&A: Kaufpreis vs. Rechtssicherheit

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Je nach Branche sind unterschiedliche Verfahren zur Unternehmensbewertung üblich und werden Mischformen mit weiteren Einflussfaktoren herangezogen. Dazu die RAe Markus Fellner und Johannes Schmutzer.

In einem strukturierten M&A-Prozess werden Bieter üblicherweise eingeladen für das zum Verkauf stehende Unternehmen einen Nettounternehmenswert (Enterprise Value), welcher vereinfacht ausgedrückt dem Wert eines Unternehmens ohne dessen Finanzschulden und ohne liquide Mittel entspricht (cash & debt free), anzubieten, um verschiedene Angebote vergleichbar zu machen. Diese Vorgehensweise korrespondiert mit den in der Praxis üblichen Methoden der Unternehmensbewertung, denn sowohl das DCF Verfahren (Discounted Cash Flow), als auch die gängigen Multiplikator – Verfahren, bei denen der Kaufpreis auf Basis des EBITDA oder EBIT errechnet wird, sollen systematisch zu einem fairen Enterprise Value für das Bewertungsobjekt führen.

Ziel des Verkäufers ist es naturgemäß einen möglichst hohen Kaufpreis zu erzielen. In der Regel verkörpert das Unternehmen insbesondere im Bereich der mittelständischen Betriebe das Lebenswerk, das der Verkäufer mit hohem persönlichen Einsatz und Verzichten aufgebaut hat, dies sollte der Kaufpreis widerspiegeln. Ziel des Käufers ist es hingegen, ein laufendes Unternehmen mit intakter Struktur und wenig Risiken zu erwerben und das zu einem, wenn möglich günstigen Preis. Der Käufer ist zumeist nicht bereit, ideelle Werte zu vergüten. Tendenziell wird der Käufer daher „Schwachstellen“ im Unternehmen suchen und meist auch finden, um diese zur Preisreduktion zu nutzen. Die Preisvorstellungen von Käufer und Verkäufer liegen somit zumeist auseinander. Dies liegt wohl auch daran, dass bei einem Unternehmenskauf eben nicht nur das Unternehmen als physische Einheit, sondern vor allem ein Zukunftsertrag erworben wird.

Auch wenn Rechtsberater im Zusammenhang mit der Kaufpreisfindung nur die Struktur gestalten, stellt die Ausformulierung der sogenannten „Kaufpreisklausel“ eine der herausforderndsten Aufgaben für den Wirtschaftsjuristen dar

LOCKED BOX.
Vielfach wird ein sogenannter fester Kaufpreis von den Verkäufern präferiert, das heißt, eine fixe Kaufpreissumme, deren Berechnung auf dem letzten zur Verfügung stehenden (nach Möglichkeit von einem Abschlussprüfer testierten) Jahresabschluss des „Targets“ basiert und keinen Schwankungen aufgrund von Abweichungen zwischen Signing und Closing unterliegt (sog „Locked Box“). Naturgemäß stellt diese Variante auch für den Juristen die am wenigsten herausforderndste „Drafting Aufgabe“ dar. Der Kaufpreis gilt als „einge-locked“ und somit ist klar, dass Veränderungen des Zielunternehmens zwischen Unterzeichnung und tatsächlicher Übergabe nicht ausgeglichen werden, was sowohl für den Verkäufer als auch den Käufer ein gewisses Maß an Rechtssicherheit schafft. Der Kaufvertrag (Share Purchase Agreement – SPA) enthält in einem solchen Fall üblicherweise Bestimmungen über den zulässigen Abfluss von Mitteln seit dem Bilanzstichtag zu dem die Kaufpreisberechnung erfolgt ist und auch über die zulässigen Maßnahmen der Geschäftsführung durch den Verkäufer im Zeitraum zwischen Signing und Closing. Hintergrund ist, dass Veränderungen seit dem Bilanzstichtag (zu dem die Bewertung erfolgte) soweit wie möglich verhindert werden sollen.

KAUFPREISANPASSUNG. Weit häufiger kommt es im SPA allerdings zur Vereinbarung eines sogenannten Vorläufigen Kaufpreises zum Zeitpunkt des Signing (oder eines in der Vergangenheit liegenden Stichtags) und einer nachträglichen Anpassung auf Basis von oder möglichst zeitnah zum Closing erstellten Closing-Accounts. Abhängig davon, ob die Closing-Accounts auf einen Stichtag vor oder nach dem Closing erstellt werden, wird jene Partei, die für die faktische Erstellung zuständig ist (Käufer oder Verkäufer) den ihr im Rahmen der Aufstellung der Closing-Accounts zukommenden Ermessenspielraum zu ihrem Vorteil ausnutzen. Entgegengewirkt wird einem solchen Vorgehen im SPA in der Regel durch klare Bilanzierungs- und Bewertungsregeln, die auf in der Vergangenheit angewandte Regeln abstellen, ein gemeinsames Verfahren der Erstellung des Closing-Accounts oder zumindest einer nachträglichen Kontrolle der Closing-Accounts durch die nicht erstellende Partei samt allfälligem Schiedsverfahren.
Die einfachste Form der Anpassung des Kaufpreises zwischen Signing und Closing basiert auf der Veränderung des Eigenkapitals des Unternehmens zwischen dem letzten Jahresabschluss vor Signing und den Closing-Accounts. In der Regel kommt es allerdings zu einer Ermittlung auf einer Cash free – Debt free Basis. Zum Stichtag erfolgt eine Anpassung unter Berücksichtigung des Saldos aus zinstragenden Verbindlichkeiten und Barmitteln. Strittig in diesem Zusammenhang und oft Gegenstand von heftigen Diskussionen ist die Definition von Cash und Debt, die in der Regel von Wirtschaftsprüfern vorgenommen wird und die damit zusammenhängende Frage, welche Bilanzposten von diesen Begriffen erfasst werden, da dies von hoher Bedeutung für den endgültigen Kaufpreis ist. Da zwischen Signing und Closing oftmals ein nicht unbeträchtlicher Zeitraum verstreichen kann, spiegelt der Kaufpreis, der auf Basis von Closing-Accounts angepasst wird im Vergleich zur Locked-Box wohl eher den „wahren“ Wert des Targets wider.

EARN-OUT. Eine Renaissance aufgrund der Konjunkturkrise erleben in jüngster Vergangenheit die sogenannten Earn-Out Klauseln, die mittlerweile sowohl von Käufer als auch Verkäuferseite vorgeschlagen werden. Hierbei erhält der Verkäufer neben einem Basistarifpreis abhängig von der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung des Targets (abgestellt wird in der Regel auf das EBITDA oder den Umsatz) zusätzlich
einen erhöhten Kaufpreisteil. Da allerdings der Verkäufer mit Closing das Unternehmen aus seiner Hand gibt, ist er im Vergleich zum Käufer eher zurückhaltend, was die Vereinbarung von Earn-Out Komponenten betrifft.
Unabhängig von der Form der Kaufpreisgestaltung ist jedenfalls im SPA zu regeln, ob der gesamte Kaufpreis auf einmal gezahlt wird oder ob ein Teil des Kaufpreises als Sicherheit für mögliche Gewährleistungsverletzungen einbehalten und bei einem gemeinsam zu bestellenden Treuhänder oder Notar hinterlegt wird. Zur Vermeidung eines Kaufpreisrückbehalts sind Verkäufer oftmals bereit, eine Bankgarantie als Sicherungsinstrument zu erlegen.

MMag. Dr. Markus Fellner
Mag. Johannes Schmutzer

www.fwp.at

Foto: Walter J. Sieberer

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