Rechtsanwalt Dr. Clemens Lintschinger, MSc zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über das unerwünschte Ansprechen im Fernabsatz:
Die Anwerbung von Kunden durch hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen über Telefon, Fax, E-Mail oder sonstige für den Fernabsatz geeignete Medien gilt als aggressive Geschäftspraktik und ist grundsätzlich verboten. In einer kürzlich ergangenen Entscheidung hat der OGH die Tatbestandsmerkmale des Verbots näher konkretisiert:
Auch Briefe – obwohl nicht ausdrücklich genannt – fallen unter das Verbot. Der OGH vertritt allerdings die Auffassung, dass ein einmaliges Werbeschreiben nicht hartnäckig sein kann. Hartnäckigkeit verlange vielmehr eine zumindest wiederholte Anwerbung. Das hartnäckige Verhalten muss zudem gegenüber dem Adressaten des verwendeten Fernabsatz-Mediums gesetzt worden sein, der als Kunde Schutzobjekt der auszulegenden Bestimmung ist. Es ist daher methodisch verfehlt, wenn die Hartnäckigkeit aus einem Verhalten gegenüber Dritten (zB. Anrufe bei Nachbarn oder sonstigen Informationsträgern) abgeleitet wird, die nicht Adressaten der Werbung sind. Weiters erinnert der OGH daran, dass der Tatbestand kumulativ verlangt, dass das Ansprechen hartnäckig und unerwünscht erfolgt. Der Adressat muss daher entweder vorbeugend („Robinson-Liste“) oder aus gegebenem Anlass eine weitere Kontaktaufnahme untersagt haben.
Zusammenfassung: Gegen das Verbot der hartnäckigen Werbung kann auch durch Briefwerbung verstoßen werden. Dies setzt zumindest zwei Briefe im selben Zusammenhang an denselben Adressaten und kumulativ einen dem Werbenden erkennbaren (vorbeugend oder aus gegebenem Anlass erklärten) Widerspruch des Adressaten voraus.
Nachzulesen: OGH 19.1.2010, 4Ob174/09f
Rechtsanwalt Dr. Clemens Lintschinger, MSc
Foto: Walter J. Sieberer
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