Grundstücksverkauf der öffentlichen Hand unterliegt nur ausnahmsweise dem Vergaberecht

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Der Verkauf eines unbebauten oder bebauten Grundstücks durch einen öffentlichen Auftraggeber ist in der Regel kein öffentlichen Bauauftrag, da ein solcher Auftrag die Ausführung von Bauvorhaben zum Gegenstand haben muss. Ausnahmsweise können aber auch Liegenschaftsverkäufe durch die öffentliche Hand ausschreibungspflichtig sein. Diese Frage stellt sich insbesondere dann, wenn Festlegungen über die künftige Verwendung des Grundstücks vertraglich geregelt werden. Fraglich ist die Anwendung des Vergaberechts auch dann, wenn mit dem geplanten Bauvorhaben ein im allgemeinen Interesse liegendes öffentliches Ziel erfüllt werden soll, für dessen Beachtung der öffentliche Auftraggeber zu sorgen hat, etwa die städtebauliche Entwicklung oder Kohärenz eines kommunalen Ortsteils. In der Entscheidung des EuGH vom 25. 3. 2010, Rechtssache C-451/08, hat sich dieser mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen solche Liegenschaftsverkäufe dem Vergaberecht unterliegen.

Der EuGH hat klargestellt, dass ein Bauauftrag das Vorliegen eines entgeltlichen Vertrages voraussetzt. Der öffentliche Auftraggeber, der einen öffentlichen Bauauftrag vergibt, erhält gegen Entgelt eine Leistung, die in der Erbringung von Bauleistungen besteht. Diese Leistung muss aber im unmittelbaren wirtschaftlichen Interesse des öffentlichen Auftraggebers liegen. Ein solches wirtschaftliches Interesse ist nach Ansicht des EuGH immer dann zu bejahen, wenn der Auftraggeber Eigentümer des Bauwerkes wird oder über einen anderen Rechtstitel verfügen soll, der ihm die Verfügbarkeit der Bauwerke im Hinblick auf ihre öffentliche Zweckbestimmung sicherstellt. Ein wirtschaftliche Interesse ist auch bei wirtschaftlichen Vorteilen zu bejahen, die der Auftraggeber aus der zukünftigen Nutzung oder Veräußerung des Bauwerkes ziehen kann. Es kann auch in der finanziellen Beteiligung des öffentlichen Auftraggebers an der Erstellung des Bauwerkes oder in den Risiken, die er im Falle eines wirtschaftlichen Fehlschlags des Bauwerkes trägt, bestehen. Hingegen ist die bloße Ausübung von städtebaulichen Regelungszuständigkeiten weder auf den Erhalt einer vertraglichen Leistung noch auf die Befriedigung des unmittelbaren wirtschaftlichen Interesses des öffentlichen Auftraggebers gerichtet.

Im Ergebnis stehen damit reine Grundstücksveräußerungen ohne unmittelbare wirtschaftliche Interessen der öffentlichen Hand außerhalb des Vergaberechts. Vorgaben zur Sicherstellung von bloß öffentlich-rechtlichen Interessen (zB. Stadtentwicklung; Umweltschutz) schaden nicht.

Dr. Clemens Lintschinger, MSc

www.ra-lintschinger.at

Foto: Walter J. Sieberer

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