Neue Altersgrenze von Kassenärzten

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Mit dem 4. Sozialrechtsänderungsgesetz 2009 wurde eine Neuregelung für die Altersgrenze von Kassenärzten geschaffen. Für Einzelverträge wurde für den Zeitraum ab 01.01.2011 das 70. Lebensjahr nur unter der Bedingung als Altersgrenze mit der Rechtsfolge einer Beendigung des Einzelvertrages eingeführt, dass bis zum 31.12.10 nicht durch Gesamtvertrag stufenweise Übergangsregelungen unter Berücksichtigung von Lebensalter und Vertrauensschutz zustande gekommen sind.

Solche stufenweise Übergangsregelungen sind im Moment in Ausarbeitung. Würde es solche nicht geben, wäre diese Neuregelung – wie manche kritischen Kommentatoren anmerkten – europa-, wie auch verfassungsrechtlich problematisch. Der EuGH hat beispielsweise in einem Urteil vom Jänner 2010 zu einer deutschen Bestimmung, die als Höchstalter von Vertragszahnärzten 68 Jahre festlegt, judiziert, dass ein solches Gesetz grundsätzlich eine Ungleichbehandlung wegen Alters darstellt und somit von der Anwendung der einschlägigen Richtlinie erfasst ist. Sie ist nur dann zulässig, wenn sie durch ein höheres Ziel gerechtfertigt, oder sich in kohärenter Weise – das hieße durch systemkonformen und logischen Aufbau – zur Zielerreichung geeignet ist.

Unter Heranziehung von beschäftigungspolitischen Erwägungen solle jüngeren Ärzten ein schnellerer Zugang zum Kassensystem ermöglicht werden. Dabei müsse jedoch ein Überschuss an jungen Medizinern aller Fachrichtungen vorliegen – allein an einem solchen fehle es in Österreich, so manche Kommentatoren.

Die Behauptung des österreichischen Gesetzgebers, den Generationenwechsel fördern zu wollen, könne – so die Kommentatoren – widerlegt werden, weil der Altersdurchschnitt der für eine Kassenstelle in Frage kommenden Ärzte bei ca. 50 Jahren liege und es nicht zutreffe, dass eine Generation junger Ärzte auf eine Anstellung als Vertragsarzt warte.

Auch verfassungsrechtlich ist die Regelung heiklen Diskussionen ausgesetzt. Bildet doch der Verlust des Kassenvertrags einen schwerwiegenden, plötzlichen Eingriff in ein sogenanntes „wohlerworbenes Recht“, der zwar einerseits durch öffentliche Interessen gerechtfertigt sein kann, andererseits jedoch dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprechen muss: Der Adressat der Bestimmung muss also die Möglichkeit haben, sich auf diese einzustellen.

Über die Gesamtverträge wird nun mit den Ärztekammern verhandelt. Es sollen Übergangsbestimmungen geschaffen werden, um die abrupte Auflösung der Einzelverträge mit Vollendung des 70. Lebensjahres zu vermeiden. Die Ärztekammer Niederösterreich hat bereits den Entwurf einer Übergangslösung auf ihre Homepage gestellt, der allerdings noch – so die Information auf der Homepage – in einem Umlaufbeschluss bestätigt werden muss.
In dem Entwurf ist folgende stufenweise Einschleifregelung bis zum 31. März 2019 vorgesehen:

Für VertragsärztInnen,

  • des Jahrganges 1942 und älter endet der Vertrag am 31.12.2015,
  • der Jahrgänge 1943 und 1944 endet der Vertrag am 31.12.2016,
  • der Jahrgänge 1945 und 1946 endet der Vertrag am 31.12.2017,
  • des Jahrganges 1947 endet der Vertrag am 31.12.2018,
  • des Jahrganges 1948 endet der Vertrag am 31.3.2019,
  • des Jahrganges 1949 und jünger gilt die Altersgrenze von 70 Jahren.
  • Die Regelung gilt analog für Gesellschafter einer Vertragsgruppenpraxis.

Die vertraglichen Regelungen der anderen Bundesländer werden vermutlich ähnlich ausfallen. Es bleibt jedoch die endgültige Version der einzelnen Bestimmungen abzuwarten.

Rechtsanwalt Mag. Herman Hansmann

Foto: beigestellt

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