Die Europäische Union zieht die Maschen der Finanzmarktaufsicht enger und schafft neue Regeln, vor allem für Hedge Fonds, Private Equity Fonds und Immobilienfonds. Bis zur Umsetzung in Österreich wird es wohl noch bis 2013 dauern.
Schon im Jänner 2006 hat die Europäische Kommission mit der Bildung einer Expertengruppe erste Schritte für ein neues Regelwerk für Alternative Investment Funds (AIF) und deren Verwalter (Alternative Investment Fund Managers – AIFM) gesetzt. Deren zügig finalisierte Arbeitsergebnisse blieben vorerst ohne Folgen, bis die Finanzkrise offenbar das Entstehen der Richtlinie deutlich beschleunigt hat. Anfang 2009 wurde ein Richtlinienentwurf vorgelegt, der nun kurz vor Inkrafttreten (voraussichtlich zu Beginn des zweiten Quartals 2011) steht. Ein wesentliches Ziel der Kommission ist, „alle Akteure und Tätigkeiten, die erheblichen Risiken unterliegen, einer angemessenen Regulierung und Aufsicht zu unterwerfen“. Neben dem Investorenschutz spielt also der Systemschutz die größte Rolle.
Schließung einer Lücke. Das europäische Kapitalmarktrecht ist mit „AIFM“ also nun um ein Schlagwort reicher. Das neue Regelwerk (die AIFM-Richtlinie) wird vor allem solche Investmentfonds betreffen, die nicht dem OGAW-Regime (international gebräuchlicher: UCITS) unterliegen, also Regeln für „Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren“, die in Österreich überwiegend im Investmentfondsgesetz geregelt sind. Portfolioverwaltung im Rahmen des MiFID-Regimes ist ebenfalls nicht erfasst.
Genaueres zeigt ein Blick auf den Anwendungsbereich der Richtlinie, der im Wesentlichen negativ abgegrenzt ist. Neben UCITS-Fonds unterliegen dem neuen Regime nicht: Holding-Gesellschaften, Kreditinstitute, Einrichtungen betrieblicher Altersversorgung, Verbriefungssondergesellschaften, bestimmte Versicherungsunternehmen und internationale und supranationale Organisationen. Begrifflich ebenfalls nicht erfasst sind Rechtsträger, die keine Investorengelder anlegen, sondern etwa der privaten Vermögensverwaltung nachgehen („Family Office“, etc).
Darüber hinaus gibt es für AIFM Bagatellschwellen, unterhalb derer erhebliche Erleichterungen gelten – diese Schwelle beträgt grundsätzlich EUR 100 Mio und steigt auf EUR 500 Mio, wenn ein Fonds auf Hebeleffekte (also die Zuhilfenahme von Fremdmitteln zur Steigerung von Eigenkapitalrendite, aber auch Risiko) verzichtet und Investoren in den ersten fünf Jahren keine Kündigungsrechte einräumt. Die Schwellenwerte führen zu keinem zwingenden Ausschluss von Marktteilnehmern; ein „opt-in“ in den Vollanwendungsbereich der AIFM-Richtlinie, also eine freiwillige Unterwerfung eines AIFM/AIF unter sämtliche Regeln, wird möglich sein.
Der Zuschnitt des Anwendungsbereichs ist evident: Vormals nicht regulierte Bereiche von im weitesten Sinn fondsähnlich strukturierten Investitionsgebilden sollen erfasst werden; quantitative Ausnahmen werden sehr restriktiv nur für solche AIFM vorgesehen, die a priori nicht als systemkritisch gelten können
Änderungen im Überblick. Die wesentlichen Eckpfeiler der neuen Regeln sind die Beaufsichtigung von Verwaltungsdiensten für AIF und der Vertrieb von deren Anteilen. Dabei folgt die Richtlinie einem geographisch weitreichenden Zugang. Erfasst werden AIF/AIFM sowohl innerhalb als auch außerhalb der Europäischen Union. Im Einzelnen sind zahlreiche Konstellationen denkbar, die zur Anwendung der Richtlinie führen, sofern AIF/AIFM – durch Verwaltung oder Vertrieb – einen Bezug zum Gemeinschaftsgebiet haben. Die möglichen Auswirkungen des neuen Regelwerks könnten ohne Übertreibung global sein.
Die bereits in der Richtlinie angelegten Details des neuen Rechtsrahmens enthalten vielfach Bekanntes: AIFM werden einer Konzessionspflicht und Mindestkapitalisierung unterliegen. Es wird ein „Europäischer Pass“ für AIF/AIFM eingeführt, der nach Konzessionierung und Passporting in einem Mitgliedstaat die Dienstleistungserbringung und den Vertrieb von Anteilen gemeinschaftsweit erlaubt. Es werden umfangreiche Offenlegungs- und Informationspflichten anwendbar sein, die unter anderem – ähnlich Beschränkungen im Bankensektor, allerdings auf dauerhafter Grundlage – Transparenz von Gehältern verlangen werden. Aus Gründen des Investorenschutzes wird es zwingende Verwahrungsvorschriften geben. Besonders hervorzuheben sind Vorschriften, die vornehmlich den Private Equity-Sektor betreffen und auf den Unternehmenserwerb (insbesondere den Leveraged Buy-out) Auswirkungen haben werden: AIF/AIFM, die bei ihren Investments auf Hebelwirkung setzen, müssen künftig eine Selbstbeschränkung fest- und diese offenlegen. Außerdem wird für den Fall des Erwerbs von Beteiligungen an Unternehmen eine Form der beschränkten Beteiligungspublizität für nicht börsenotierte Unternehmen eingeführt.
Nächste Schritte und Fahrplan. Nach dem Inkrafttreten der AIFM-Richtlinie wird derzeit mit einem rund zweijährigen Zeitraum für die Umsetzung durch die Mitgliedstaaten gerechnet. Wie in anderen Bereichen des europäischen Kapitalmarktrechts auch, wird ein wesentlicher Teil der Konkretisierung der Richtlinie neben dem Gesetzgeber auch Aufsichtsbehörden obliegen. Diese tragen über ihre Mitwirkung im Rahmen der European Securities and Markets Authority (ESMA; bis Ende 2010: CESR) erheblich zur Anleitung der Aufsichtspraxis durch Empfehlungen bei. Erste Resultate (Level 2 Advice, das heißt die Abstimmung zwischen der Europäischen Kommission und ESMA) werden für die erste Hälfte des nächsten Jahres erwartet. Der Großteil technischer Details der neuen Regeln wird sich wohl erst gegen Ende der Umsetzungsfrist (oder später) klären.
Auswirkungen in Österreich. Für eine Prognose präziser Auswirkungen auf den österreichischen Markt ist es vermutlich noch zu früh. Auf Grund der vorgesehenen Schwellwerte (EUR 100 Mio und EUR 500 Mio) werden aber vermutlich zahlreiche Private Equity oder Venture Capital Fonds aus Österreich nicht in den Anwendungsbereich des neuen Regimes fallen. Klarheit zu zahlreichen Details wird es aber vermutlich erst im Zuge der Umsetzung der AIFM-RL und nach Vorliegen der Ergebnisse der ESMA-Konsultationen geben.
Mag. Christian Thaler
www.btp.at
Fotos: © Walter J. Sieberer
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