Wann darf das Management mit eigenen Aktien handeln?

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Es ist in der Regel das Management, das am besten über das Unternehmen und seine Entwicklung Bescheid weiß und daher am ehesten abschätzen kann, wohin sich der Aktienkurs bewegen wird!

Dieses Wissen hat aber gleichzeitig zur Folge, dass die Führungskräfte Gefahr laufen, bei Geschäften mit „eigenen“ Aktien Insidergeschäfte zu tätigen, die mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden können. Das jüngste Urteil rund um den mittlerweile ausgeschiedenen OMV-Boss zeigt, dass gerade die Aktientransaktionen der Chefs im Blickfeld der Finanzmarktaufsicht (FMA) wie auch der Staatsanwaltschaft stehen.

Kavaliersdelikte.
Lange Zeit galten Insidergeschäfte als Kavaliersdelikte. Man ging zwar von einer recht hohen Dunkelziffer aus, Bestrafungen gab es aber kaum. Dem versucht die Staatsanwaltschaft unter Mitwirkung der FMA nun einen Riegel vorzuschieben. Nunmehr werden – wie die jüngsten Beispiele zeigen – gerade Geschäfte von Organen mit „eigenen“ Aktien genau beobachtet und Verdachtsfälle angezeigt. So wurde etwa beim „Bierbrauer-Prozess“ 16 Mitgliedern der Ex-Eigentümer-Familie der BBAG/Brauunion vorgeworfen, sich in Kenntnis des Umstandes, dass der Bier- und Getränkekonzern wenige Monate später an Heineken verkauft wurde, mit Aktien eingedeckt zu haben. Der diesbezügliche Prozess ist vor kurzem in die nächste Runde gegangen. Ebenso wurde dem ausgeschiedenen OMV-Boss vorgeworfen, dass er in Kenntnis des überraschend guten Verkaufs der MOL-Beteiligung der OMV, Aktienoptionen ausgeübt hätte. Dieser Prozess wurde nun dieses Jahr in zweiter Instanz rechtskräftig beendet und der Angeklagte freigesprochen (OLG Wien 23 BS 192/11w).

Was ist Insiderhandel?
Beim Insiderhandel werden spezifische Insiderinformationen genutzt, um basierend auf diesem „Mehr-Wissen“ einen Vorteil zu erzielen. Dies will das Börsegesetz (BörseG) durch ein entsprechendes Verbot verhindern. Gemäß § 48b BörseG macht sich strafbar, wer als Insider eine Insider-Information mit dem Vorsatz ausnützt, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen, in dem er davon betroffene Finanzinstrumente kauft oder verkauft („Handelsverbot“), die Finanzinstrumente einem Dritten zum Kauf oder Verkauf anbietet bzw empfiehlt („Empfehlungsverbot“), oder diese Informationen, ohne dazu verhalten zu sein, einem Dritten zugänglich macht („Weitergabeverbot“). Wer als „Insider“ gilt, ist gesetzlich definiert. Mitglieder des Vorstandes wie auch Mitglieder der Geschäftsführung zählen aufgrund ihres beruflichen Zugangs zu Insiderinformationen jedenfalls dazu.
Schwieriger zu umgreifen ist die Definition der „Insiderinformation“. Diese muss einen Emittentenbezug aufweisen, vertraulich sein, ein gewisses Maß an Genauigkeit aufweisen, sodass Gerüchte nicht als Insiderinformationen zu qualifizieren sind, und geeignet sein, eine erhebliche Kursbeeinflussung zu bedingen.

Interpretationsbedürftig ist dabei vor allem die Frage, wo die Grenze zwischen bloßen Gerüchten und einer „genauen“ Information zu ziehen ist. Eine Information ist genau, wenn sie sich auf Tatsachen oder Ereignisse bezieht, bei denen man mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass sie eintreten werden. Mit der Frage, was wiederum unter „hinreichender Wahrscheinlichkeit“ zu verstehen ist, hat sich das OLG Wien erstmals in der genannten OMV-Entscheidung auseinandergesetzt und dazu festgehalten, „dass der Eintritt eines Ereignisses hinreichend wahrscheinlich ist, wenn nach kaufmännischem Ermessen kein vernünftiger Grund am Abschluss des Geschäftes zu zweifeln bestehe“. Weiters muss – so das OLG Wien „die Information derart bestimmt sein, dass sie einen Schluss auf die mögliche Auswirkung dieser Tatsache oder Ereignisse auf die Kurse […] zulässt.“
Im konkreten Fall reichten dem Gericht folgende Fakten, um bei dem geplanten Beteiligungsverkauf von einer genauen Information auszugehen: Es gab i) einen Auftrag an die Investmentbank, alle Schritte für eine Transaktion in die Wege zu leiten, ii) der Beschuldigte hatte seinen Mitarbeiter beauftragt, Standard-Vertragsentwürfe vorzubereiten, und iii) er wollte in der bevorstehenden Aufsichtsratssitzung die Genehmigung für den Verkauf der MOL-Aktien einholen.

Kausalität erforderlich.
Doch selbst wenn eine Insiderinformation vorliegt, ist ein Kauf bzw Verkauf von Wertpapieren nur dann strafbar, wenn bei dem jeweiligen Geschäft die Insiderinformation ausgenützt wird; die Transaktion muss gerade durch eine Insiderinformation motiviert sein. Aus diesem Grund ist OMV-Chef freigesprochen worden: Ruttenstorfer hatte die Aktien nämlich im Rahmen des langfristigen Aktienoptionsprogramms der OMV erworben und hätte – so die Richterin – auch ohne das Wissen über den geplanten Verkauf der MOL so gehandelt.

Directors´Dealings als flankierende Information.
Unabhängig vom Verbot des Insiderhandels müssen die Führungskräfte ihre Geschäfte mit eigenen Aktien auch öffentlich bekannt machen. Hintergrund dieser Meldepflicht ist die Signalwirkung, die Wertpapiertransaktionen des Managements nach sich ziehen: Sie zeigen in der Regel, wie die Geschäftsführung die weitere Entwicklung der Aktie sieht. Im Sinn eines transparenten Marktes sollen nun diese Einschätzungen – wenn auch mit einigen Tagen Verspätung – an die Anleger weitergegeben werden.
Die Meldung der Directors´ Dealings hat innerhalb von fünf Arbeitstagen nach Abschluss des Geschäfts an die FMA zu erfolgen. Parallel zur FMA-Meldung muss die Meldung auch auf einfache Weise (zB Internet oder Wiener Zeitung) den Anlegern direkt zugänglich gemacht werden. Meldepflichtig ist die Führungskraft selbst und nicht – wie oft vermeint wird – das Unternehmen.
Eine Meldung kann unterbleiben, soweit die Gesamt-Transaktion, somit die Summe aller An- und Verkäufe, in Bezug auf die Führungskraft sowie jene Personen, die mit ihr in enger Beziehung steht, unter 5.000 Euro bleibt.

Geld- oder Freiheitsstrafe.
Verstößt das Management gegen die kapitalmarktrechtlichen Pflichten, kann dies folgende Sanktionen nach sich ziehen:
Am härtesten bestraft sind Insiderdelikte, die als gerichtliche Straftatbestände ausgestaltet sind und für die das Gesetz eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vorsieht. Vergleichsweise mild bestraft sind Verstöße gegen die Veröffentlichungspflichten von Directors´Dealings, die mit Geldstrafen von bis zu 30.000 Euro geahndet werden können. Anders als beim Insidergeschäft, handelt es sich hier aber „nur“ um eine Verwaltungsstrafe. Allerdings ist die Vorschrift über das Directors´Dealing ein Schutzgesetz zu Gunsten der Anleger: Mit dem Argument, dass sie ebenso verkauft hätten, wenn sie gewusst hätten, dass auch der Vorstand seine Aktien abgestoßen hat, könnten daher Anleger vom Vorstand den dadurch verursachten Schaden begehren.

Fazit.
Wenn Ruttenstorfer meint, dass es für einen „Vorstand schwierig ist, eigene Aktien zu kaufen“ ist dem – zumindest teilweise – zuzustimmen. Freilich sieht das Kapitalmarktrecht ein recht enges Korsett von Verhaltenspflichten vor, die aber großteils die technische Abwicklung betreffen und daher schlichtweg abzuarbeiten sind. Als einziger wirklicher „Unsicherheitsfaktor“ bleibt damit das Handelsverbot wegen des Vorliegens einer Insiderinformation. Um hier Risiken zu vermeiden, sollte auf das Bauchgefühl gehört werden: Stehen in den nächsten Tagen wesentliche (positive oder negative) Unternehmensmeldungen an, die voraussichtlich auf den Aktienkurs Einfluss haben werden, sollte man das Geschäft lieber lassen.

MMag. Dr. Christopher Schrank
schrank@btp.at

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